22 Feb 2021 / Markt
Die Elektromobilität ist auf dem Vormarsch. Mit über 43 000 neu zugelassenen Elektroautos verzeichnete das Kraftfahrt-Bundesamt im Dezember 2020 ein Rekordhoch. Immer mehr flexible Verbraucher müssen ins Netz integriert werden. Diese Entwicklung sowie die steigende Bedeutung dezentraler, grüner Energiegewinnung stellen das Stromnetz vor große Herausforderungen. Welches Instrument ist das richtige, um dieser Herausforderung zukunftsorientiert und klug zu begegnen?
Das Modell der Spitzenlastglättung - ein starres, unzeitgemäßes Instrument
Mit dem Ziel, die Nachfrage stärker an die Volatilität der erneuerbaren Energien anzupassen, hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Dezember 2020 einen Referentenentwurf für die konkrete Ausgestaltung des §14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vorgelegt. In diesem sogenannten Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz (SteuVerG) wurde das Modell der Spitzenlastglättung als Lösung für die Entlastung des Stromnetzes in Zeiten hoher Nachfrage angeführt.
Das bedeutet, dass Netzbetreiber in Zeiten starker Stromnachfrage zum Schutz des Stromnetzes unangekündigt in Ladevorgänge eingreifen und diese abschalten könnten. Verbraucher*innen mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen sollten dafür zukünftig entscheiden dürfen, ob sie für ihre Wärmepumpe oder ihre Wallbox eine zeitweilige Begrenzung der Entnahmeleistung zulassen wollten. Im Gegenzug würde ihnen dafür von den Netzbetreibern eine Netzentgeltersparnis angeboten. Wer das Risiko eines plötzlichen, unangekündigten Abbrechens des Ladevorgangs nicht eingehen wollte, müsste also mehr bezahlen.
Das vorgeschlagene Modell verhindert netzdienliches Verhalten und bietet für Verbraucher*innen keinerlei Anreize. Der Einführung eines solchen starren und bestrafenden Instruments wurde deshalb von vielen Seiten, u. a. auch vom Verband der Automobilindustrie in diversen Stellungnahmen widersprochen, woraufhin der Gesetzesentwurf zurückgezogen wurde.
Zeitvariable Netzentgelte - eine zukunftsorientierte Alternative
Statt Verbraucher*innen zu entmündigen und unvermittelt in ihren Stromverbrauch einzugreifen, lassen sich durch die Einführung zeitvariabler Netzentgelte Anreize für das netzdienliche Verhalten von Verbraucher*innen schaffen.
Zeitvariable Netzentgelte zielen darauf ab, dass sich das Netzentgelt und damit auch der Strompreis nach der jeweiligen Stromnachfrage richtet. Das heißt, dass in der Nacht oder zu Nebenzeiten günstigere Tarife möglich sind als in Zeiten hoher Nachfrage. Auf diese Weise wird Kund*innen ein Anreiz geschaffen, sich netzdienlich zu verhalten. Zeitvariable Netzentgelte stellen damit eine marktdienliche, innovative und zeitgemäße Alternative zur starren Spitzenlastglättung dar. Dass sich dieses Instrument praktisch umsetzen lässt, beweisen Dänemark und Großbritannien, wo solche flexiblen Strompreise bereits eingeführt wurden.
In Zukunft wäre es außerdem denkbar, dass Elektroautos als Stromspeicher genutzt werden können. Die E-Autos können dann in Zeiten von vergleichsweise niedriger Nachfrage, bzw. hoher Stromproduktion durch Wind und Solarkraft, Strom laden und in Zeiten hoher Nachfrage Strom an das Netz zurückgeben. Auf diese Weise werden Kund*innen zu flexiblen Verbraucher*innen, die das Netz stabilisieren und damit Geld sparen können.
Ausblick: Wie geht es jetzt weiter?
Das BMWi hat seinen Referentenentwurf zurückgezogen. Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl ist aktuell noch unklar, ob zeitnah mit einem neuen Entwurf zu rechnen ist und ob dieser im Bundestag Zustimmung findet. Die vehemente Kritik und die übereinstimmenden Forderungen der Allianz aus Verbraucherschützern und VDA haben deutlich gemacht, dass es in Deutschland eine zukunftsorientierte Lösung für Elektromobilität und Erneuerbare insgesamt braucht. Mit variablen Netzgelten können Speicher netzdienlich geladen werden, das Netz entlasten und Grundlastkraftwerke teilweise überflüssig machen. Die Verkehrs- und Energiewende sollte als Chance begriffen und die Digitalisierung genutzt werden, um ein intelligentes, effizientes und sicheres Stromnetz zu ermöglichen.
Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie zeitvariable Tarife in Ihr Portfolio passen, treten Sie gerne in Kontakt. Noch nicht so weit? Sehen Sie sich die Möglichkeiten rund um Smarte Tarife in Ruhe an und bleiben Sie auf LinkedIn in Verbindung.